Zur Tischtennis-Mannschaftsmeisterschaft, welche am 17.09.2022 in Frankenthal stattfand, traten wir an mit unserem Spitzenspieler Jan Erik Baron, meiner Wenigkeit (Thomas Pauka), dem immerhin Drittplatzierten der diesjährigen Einzelmeisterschaften und einem jungen Neuzugang aus St. Pauli, Emil Leske – ein unbeschriebenes Blatt. Da unser Abwehrrecke Christian Gewiese infolge seines wohlverdienten Urlaubs fehlte, vermochten wir unsere Erfolgsaussichten nicht zu beurteilen. Betreut wurden wir von Mathias Falkenrich, der sich um Hotel, Zugfahrt, Finanzierung und um uns Spieler rund um das Turnier kümmerte. Geleitet wurde das Turnier von Danny Gunawan, auch einem Hamburger, der aber infolge seiner übergeordneten Aufgabe zur Neutralität verpflichtet war.
Wir spielten nach dem Corbillon-Cup System, bei dem Dreier-Mannschaften gegeneinander antraten und die Mannschaft gewann, welche den 3. Einzelsieg für sich holte. Die ersten beiden Spieler spielten dabei maximal je zwei Einzel und dazwischen der Dritte gegen den gegnerischen Dritten. Es nahmen 8 Mannschaften dran teil, wobei jede gegen jede spielte.
Beim Einspielen mit Emil zeigte er sich nicht nur als eine menschliche, sondern auch als eine spielerische Bereicherung für unseren Verein. So gesehen rechneten wir uns Titelchancen aus. Den Aufstellungen nach lief es auf einen Dreikampf zwischen Berlin, Rottenburg und uns hinaus.
Nach einem souveränen 3:0-Sieg gegen die 1. Düsseldorfer Damen-Mannschaft fand bereits im 2. Spiel gegen Berlin ein vorentscheidender Kampf statt. Während Jan Erik sein erstes Einzel gegen Jörg Sommer souverän gewann, holte ich mir meine 0:3 Klatsche ab gegen den übermächtigen Gegner Mark Mechau, der sich spielerisch im internationalen Gehörlosen-Spitzenniveau bewegt. So bestritt Emil sein erstes Einzel für uns gleich gegen den erfahrenen und sehr unangenehm spielenden Noppenaussenspieler Mohammed Moghaddamzadeh. Ein undankbarer Einstieg. Allerdings löste er diese Aufgabe mit Ruhe und Bravour und entschied sein Einzel in 3:1 Sätzen für sich. Ein äußerst wichtiger Sieg, zumal Jan Erik zwar sämtliche Reserven gegen Mark aus sich holte, ihm aber dennoch nach einer 3:0 Niederlage gratulieren musste. Es stand 2:2, bevor ich gegen Jörg Sommer um den entscheidenden Punkt für unsere Mannschaft antrat. Eigentlich müsste eine andere Person über dieses Spiel berichten – ich spielte so konzentriert, dass ich quasi in einem Tunnel steckte – und plötzlich stand es 3:0 für mich, und dadurch für uns 3:2 gegen Berlin.
Die nächsten Spiele gegen Aachen, Frankenthal, SG Essen/Trier und SG Düsseldorf/Erfurt gewannen wir sehr klar. Wir ließen nichts anbrennen und gaben sogar kaum einen Satz ab. Zwischenzeitlich spielte Berlin gegen Rottenburg, welches Berlin knapp mit 3:2 für sich entscheiden konnte.
So kam es zu einem echten Endspiel gegen Rottenburg im letzten Spiel. Gewinnt Rottenburg, so wären sie aufgrund des besseren Spielverhältnisses Deutscher Meister. Also mussten wir sämtliche Reserven nochmal mobilisieren – einschließlich Mathias: Mitfiebern und coachen kann u.U. anstrengender sein als das Spielen selbst :-).
Es ging los: Jan Erik trat als leichter Favorit gegen Stefan Knöll, dem Rottenburger Nationalspieler an. In einer dramatischen und hochklassigen Partie musste er sich im letzten Satz mit 11:9 geschlagen geben. Selbst spielte gegen Zhang, einem äußerst spielstarken Neuzugang, der sich offenbar gezielt auf mein Spielsystem vorbereitet hatte. Mit viel Kampf, Glück und Dusel entschied ich dennoch das Spiel in knappen 3:0 Sätzen für mich. Es stand 1:1. Emil musste ran gegen den diesjährigen Viertplatzierten der Einzelmeisterschaften Ben Büchel. Genannter Rottenburger zeigte, weswegen er Vierter war, und zog sämtliche Register seines Könnens, sodass Emil seine erste und einzige Niederlage kassierte. 2:1 für Rottenburg und ich musste gegen Stefan Knöll ran. Gegen den, der Jan Erik besiegte. Eigentlich ein aussichtsloses Unterfangen und somit eine klare Sache für Rottenburg. Aber ich wollte einfach mal alles geben und siehe da… – Knöll kam mit meiner unorthodoxen und kampfbetonten Spielweise nicht klar. Und es stand auf einmal – für Freund und Gegner – überraschend 2:1 für mich. Und 10:10 im 4. Satz. Ich vergab 4 Matchbälle und versemmelte sogar einen eigenen Aufschlag. Er konnte aber auch einen Satzball nicht verwerten und so entschied ich diesen Satz mit 16:14 für mich: 3:1 gegen Knöll und 2:2 zwischen Hamburg und Rottenburg. Unsere Zuschauer waren infolge der Dramatik genauso fertig wie ich. Letztes Einzel: Jan Erik gegen Zhang. Ein starkes ausgewogenes Duell, bei dem Jan Erik eine Schippe drauf lag und 3:0 gewann. Jaaaa – das war der Punkt zur deutschen Meisterschaft!!!! 3:2 gegen Rottenburg. Was für eine Freude. Auch für Danny, dem man als Hamburger diese Freude trotz seiner Neutralitätspflicht als Turnierleiter nicht verbieten kann und ihm diese auch ansah. Und was für ein Einstand für Emil! Es war ein Titelgewinn, der uns alles abverlangte und sich nur realisieren ließ durch eine geschlossene Mannschaftsleistung inklusive unseren Betreuers Mathias, bei der alle für einander da waren und immer zumindest einer von uns den entscheidenden Punkt holte, wenn es drauf ankam. Den Titel hätten sich eigentlich alle drei Mannschaften mit ihren hochklassigen Spielern verdient, aber es gibt nun mal nur eine Goldmedaille. So holte sich Berlin Silber und Rottenburg Bronze.
Bei einem gemütlichen Abend mit Siegerehrung im Lokal fanden sich noch alle Mannschaftsspieler zusammen, begruben das (spielerische) Kriegsbeil zugunsten eines gemeinsamen Biers und ließen dem Geschehen Revue passieren.
Gerne noch als letzter Satz die Kurzfassung: Der Hamburger Gehörlosen Sportverein ist Deutscher Tischtennis Mannschaftsmeister 2022.
Geschrieben: Thomas Pauka